Schulworkshop 2023
„Schau mich an! Sprachliche Kreativität in der Außenwerbung“
Schulworkshop in der "Wir-wollen's-wissen"-Woche im Januar 2023 von Franziska Kuhlee und Jannis Androutsopoulos
Nachdem im vergangenen Jahr die von der MIN-Fakultät der UHH koordinierte Reihe „Wir-wollen’s-wissen“ noch online stattfand, kehrten wir dieses Jahr wieder in die Hamburger Klassenräume zurück. Vom 30. Januar bis 03. Februar waren zahlreiche Wissenschaftler:innen verschiedener Hamburger Forschungseinrichtungen unterwegs, um mit Schüler:innen über spannende und aktuelle Forschungsthemen ins Gespräch zu kommen. Das Programm war auch in diesem Jahr vielfältig, die Themen reichten von der Biologie („Können Bakterien Plastikmüll fressen“) über die Geografie („Was wissen Klimamodelle über die Zukunft?“) bis hin zur Informatik („Schutz der Privatsphäre im Internet“) und eben auch der Linguistik mit unserem Workshop zum Thema „Schau mich an! Sprachliche Kreativität in der Außenwerbung“. Für diese neue Runde haben wir unsere Präsentation und Materialien überarbeitet und interaktive Elemente integriert.
Zu Gast waren wir an drei Hamburger Schulen: In der Stadtteilschule Eppendorf und der Max-Schmeling-Stadtteilschule arbeiteten wir mit Schüler:innen des Kunstprofils. Nach einer einführenden Präsentation, in der wir das Forschungsgebiet Linguistic Landscape und die Funktionsweisen von Zeichen im öffentlichen Raum erläutert haben, waren die Schüler:innen an der Reihe. Wo begegnet uns Werbung im öffentlichen Raum? Welche Funktionen hat Werbung? Die Schüler:innen stiegen sofort in das Thema ein, reflektierten über die Sogkraft von Werbung in der Öffentlichkeit und der digitalen Welt und kamen zu dem Schluss, dass wir alle tagtäglich von Werbung umgeben sind, sie teils bewusst teils unbewusst rezipieren und sie daher ein kraftvolles Mittel der Unternehmenskommunikation ist. Anschließend zeigten wir den Lerngruppen, wie man Außenwerbung exemplarisch analysieren kann. Dazu griffen wir auf unsere drei Analysekategorien zurück und zeigten den Schüler:innen anhand neuer und aktueller Beispiele, wie Werbeplakate untersucht werden können:
1. Adressierung
Hier steht die Frage im Mittelpunkt, wie wir als Betrachter:innen angesprochen werden: Duzen oder Siezen, mit einer Anrede oder eher indirekt, in der Schlagzeile oder im Text darunter und in welcher Sprache. Die Schüler:innen bemerkten, dass sie sich durch Werbeslogans, in der sie geduzt werden, eher angesprochen fühlen.
2. Sprache und Bild
Das Zusammenwirken zwischen Sprach- und Bildelementen ist für die Schüler:innen zunächst etwas abstrakt, aber bei der Beschreibung von Werbeplakaten mit eigenen Worten griffen sie selbst auf „Brückenwörter“ zurück, um die Werbebotschaft zu erläutern. Brückenwörter stellen eine Verbindung von sprachlichen Elementen und Bildern auf Werbeplakaten her. Zeigewörter wie Personal- oder Demonstrativpronomina verweisen auf das abgebildete Produkt, z. B. „Dieser Smoothie (der abgebildet ist) schmeckt besonders gut“ (linkes Beispiel). Inhaltswörter verweisen ebenso auf bestimmte Bildelemente. Entweder sie stimmen weitestgehend überein, z. B. wenn wir ein Honigglas sehen und ein Honigglas abgebildet ist (mittiges Beispiel), oder wir müssen das metonymische Verhältnis erst erschließen. Etwa wenn ein Begriff wie „Erkältung“ mit der Abbildung von Viren verknüpft wird (rechtes Beispiel).
3. Text und Raum
Im dritten Analysebereich konnten die Schüler:innen sofort auf ihr eigenes Wissen zurückgreifen, wenn sie z. B. in den Schulpausen oder in der Freizeit bestimmte Geschäfte suchen. Werbetexte verweisen häufig auf ihren unmittelbaren räumlichen Kontext, auf lokale Sprache und/ oder Kultur. Dies geschieht durch Straßen- und Ortsnamen, Pfeile, Lokaladverbien oder Distanzangaben oder durch regionalsprachliche Elemente.
In der anschließenden Gruppenarbeit untersuchten die Schüler:innen Schildbeispiele auf unseren vorgelegten Arbeitsblättern und gestalteten selbst ein Werbeplakat zu einem ausgedachten Szenario. So sollte eine Gruppe beispielsweise im Auftrag der Bundesregierung eine Werbekampagne zum Energiesparen gestalten, eine andere ein Plakat für ihr nachhaltiges Geschäft designen. Dies war für die Schüler:innen des Kunstprofils natürlich kein Problem. Einige Gruppen bevorzugten das Gestalten auf einem großen Blatt Papier mit Buntstiften, andere nutzten ihre Tablets zur digitalen Gestaltung. Es wurde sich über den richtigen Werbeslogan ausgetauscht, über die beste Adressierung debattiert und eifrig an einem treffenden Design gearbeitet. Anschließend war noch Zeit, um die Arbeitsergebnisse vorzustellen und Rückfragen bezüglich des Themas und des Germanistikstudiums zu stellen.
Für die dritte Lerngruppe der Lessing Stadtteilschule haben wir unseren Workshop in eine Vorlesung mit interaktiven Elementen verwandelt. In einem modernen Vorlesungssaal haben wir dem gesamten 11. Jahrgang die gleichen inhaltlichen Aspekte vorgestellt. Die Schüler:innen waren sehr motiviert, uns mit zahlreichen Wortmeldungen zu unterstützen. Am Ende unserer Präsentation veranstalteten wir ein kleines Quiz a la „Wer wird Millionär“. Hier kamen die Schüler:innen nicht um Erläuterungen ihrer Antworten herum. Einige Antworten fanden breiten Konsens, über andere wurde debattiert. Im Fotoslider im unteren Bereich sind einige Impressionen unseres Besuchs zu sehen.
Am Ende jedes Workshops erhielten die Schüler:innen zur Freude aller Beteiligten noch kleine Mitbringsel. Danke an die tolle Mitarbeit liebe Schüler:innen, danke an die interessierten Lehrkräfte und danke an das Organisationsteam der MIN-Fakultät! Auf die „Wir-wollen’s-wissen“-Woche 2024 freuen wir uns jetzt schon.